Einstand Franz-Josef Unterlechner – Hotel Bachmair Weissach

Unterlechner Bachmair Weissach

Der Einstand von Franz-Josef Unterlechner im Hotel Bachmair Weissach hat mich nachdenklich gestimmt. Nicht etwa in Bezug auf die Frage, ob Unterlechner der richtige Mann für das Design Hotel sein könnte. Nein, der junge Küchendirektor beweist seit Herbst ein feines Gespür für die Kulinarik des Hauses und hat mich schon des Öfteren auf den Tellern überzeugt. Die drei Tage am See ließen mich eher den Konsum und die Wertschätzung meiner Nahrung hinterfragen. Daran ist nicht zuletzt der ehemalige Sternekoch Franz Keller schuld, welcher als Ehrengast und Redner vor Ort war.

Franz-Josef Unterlechner in seinem Element

Ein ganzes Wochenende voller kulinarischer Hochgenüsse unter Gleichgesinnten im luxuriösen Ambiente. So und nicht anders darf man sich die drei Tage im Hotel Bachmair Weissach vorstellen. Ein Fest für jeden Food-Begeisterten. Die Küchenparty habe ich leider aus zeitlichen Gründen verpasst, somit begann mein erster Teil der Reise mit dem Vortrag von Franz Keller zum Thema „Vom Einfachen das Beste – Essen ist Politik oder warum ich aus Notwehr Bauer werden musste, um den perfekten Genuss zu finden und um dem Tierwohl gerecht zu werden.“ Ein bedeutungsschwangerer Titel (sein Buch trägt ebenfalls diesen Titel), der viel Kritik an der Nahrungsmittelindustrie erwarten lässt. Keller liest aus eben diesem Buch und lässt Sätze fallen, wie „schnell, billig und massentauglich – eine Katastrophe“ oder „wir machen uns Gedanken, wie wir unsere Schulen digitalisieren können, vergessen aber, unseren Kindern die Grundlagen der Ernährung zu zeigen“. Wo er Recht hat, hat er Recht. Auch die Tatsache, dass wir mehrere Stunden pro Tag teilweise sinnlos mit unseren Smart Devices verbringen, anstatt sie in der Küche am Herd zu nutzen um eine Mahlzeit für die Familie zuzubereiten, muss ich als bittere Pille schlucken.

Gewiss, Keller ist ein Quertreiber und legt den Finger tief in die Wunde und stellt alles sehr drastisch dar. Dennoch bleibt er differenziert und realistisch. Die Frage aus dem Publikum, wie man denn die Menschheit anständig ernähren könne, beantwortet er mit „bspw. weniger Zucker verarbeiten, Tiere anders halten und füttern sowie bewusste Reduktion von Fleisch und regional einkaufen“. Franz Keller hat logischerweise kein Patentrezept für die Massenernährung parat, erinnert aber daran, dass eine vernünftige Ernährung aus Mischkost besteht und der Mitteleuropäer eigentlich keine Erdbeeren im Januar essen muss und auch keine Flugmangos braucht. Amüsant und erschreckend zugleich ist seine Abrechnung mit dem Guide Michelin, welchem er unterstellt, nur noch populistisch zu handeln und mit bestimmten Stern-Vergaben nur noch Krach machen zu wollen. Für ihn hat das beste Kochbuch keine Bilder und für ihn raubt die neue Art der Food-Fotografie den meisten Menschen die Fantasie und den Mut selbst ein gutes Essen zubereiten zu können. Ein letzter Gruß an meine Gilde sozusagen.

Keller erzählt dann noch von seinem Leben auf dem Hof und einem dreijährigen Ochsen, welchen er selbst geschlachtet und mitgebracht hat. Und darüber, warum eben dieser aufgrund seiner guten und nachhaltigen Haltung zart und wohlschmeckend ist. Davon möchte ich mich selbst überzeugen…

 Erfrischender Start mit tollem Lobster: Marinierte Ochsenherztomate mit Hummer, Basilikumvinaigrette und Belper Knolle

Sehr spannendes Gericht mit traumhafter Konsistenz: Hechtnockerl mit Erbsen, Morcheln und Räucherfischsud

Besagter Ochse als Roastbeef mit eingelegten Tellerzwiebeln, kleinen Artischocken und Sauce Bernaise – Fleisch wunderbar zart, Bernaise handwerklich perfekt.

Ein Dessert so gut, dass der gesamte Raum still wurde während des Verzehrs: Gabis Eierschecke mit Rhabarber, Himbeeren und Sauerrahmeis.

Das Hotel Bachmair Weissach hat in meinen Augen lange nach seiner gastronomischen Identität gesucht. Franz-Josef Unterlechner scheint sie gefunden zu haben. Am dritten Tages seiner Einstandsfeierlichkeiten serviert er Lieblings- und Schmorgerichte ohne Chichi. Kein Schäumchen, maximal Sößchen. Die Kalshaxe zerfällt am Knochen, die Ochsenbacke ist ein Gedicht. Zum Dessert gibt es Buchteln mit Sauerrahmeis. Irgendwie wie früher am Sonntag bei der Oma. Ein wunderbares Gefühl. Nur dass im Radio kein Bayern 1 läuft und die Oma auch keinen so guten Wein im Keller hatte, wie das Domizil am Tegernsee.

Und so bleibt ein Wochenende voller Denkansätze. Über unser Essen. Wo es herkommt. Wie man es zubereitet. Wie man es genießt. Warum es so schmeckt, wie es schmeckt. Und vor allem: Warum haben sich Unterlechner und das Bachmair erst jetzt getroffen…

Guten Appetit!

Disclaimer: Zur Einstandsfeier von Franz Josef Unterlechner wurde ich vom Hotel Bachmair Weissach eingeladen. Auf meine objektive Meinung hat das keinen Einfluss.

Hotel Bachmair Weissach

Wiesseer Straße 1

83700 Rottach-Egern

 

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